Beratung und Begleitung von Menschen mit psychosozialem Hilfebedarf
I. METHODE Die >Soziologische Praxis< folgt in Beratung und Begleitung folgenden inhaltlichen Prämissen:
Ziel der >Soziologischen Praxis< ist es, den Standpunkt des Individuums innerhalb dieses Beziehungsgeflechtes transparent und verstehbar zu machen. Des Weiteren soll der etwa ins Stocken geratene Fluss der Interaktion zwischen Individuum und Gesellschaft, aber auch den versteinerten und verinnerlichten Ansichten der Gesellschaft innerhalb des Individuums wieder zum Leben verholfen werden.
Hier soll dem Individuum und Klienten der Rücken gestärkt werden, denn Konstrukte wie Krankheit oder Normalität sind im Grunde nur Verabredungen der Mehrheit, die durch die Anstrengungen der Individuen einem steten Veränderungsprozess unterliegen.
Als methodisches Mittel dienen der >Soziologischen Praxis< die von C. Rogers entwickelten Grundsätze der klientenzentrierten Gesprächsführung. Jedes Individuum steht im Brennpunkt eines sozialen Beziehungsgeflechtes, ist Mittel- und Ausgangspunkt von Gefühlen und Sehnsüchten, Wünschen, Nicht-Verstehens, und seelischen Nöten. Ein Gesesungsprozess ist immer individuell, nicht planbar, dynamisch und möglich. Eine Genesung ist Ressourcen-orientiert und basiert auf Selbstbestimmung und Hoffnung. Diese Genesungswege möchte die Praxis professionell begleiten und unterstützen.
II. PRAXIS Die „Soziologische Praxis“ legt Wert auf die sozialen Beziehungen der Personen, den Austausch des Klienten mit der unmittelbaren Umwelt und fördert Krisen- und Alltagslösungen. Der Klient bestimmt die inhaltliche Richtung, das Tempo und die Intensität der Beratung. Manchem mag diese Betrachtungsweise als „alter Hut“ erscheinen, freilich bekommt das deutende Verstehen sozialen Handelns, wenn es wertschätzend im Gespräch erfolgt, in Zeiten zunehmender biologischer Erklärungs- und Wertmuster von Krankheit wieder einebesondere Bedeutung.
Im Brennpunkt der Beratung der Praxis steht unmittelbar der Betroffene. Psychische Erkrankungen, Beeinträchtigungen und Krisen erfüllen in soziologischer Sichtweise in Bezug auf Beziehungen wie Familie, Kollegen, Freunde und andere Bezugsgruppen durchaus einen Sinn. Manche psychischen Störungen werden gar erst durch die soziologische Betrachtung des sozialen Strukturwandels mit dem Verlust der relativen Stabilität, der zunehmenden Komplizierung unserer Existenz und der beschleunigten Geschichte unserer Gesellschaft verständlich. Im Rahmen der engeren sozialen Bezugsgruppen wie z.B. der Familie fallen psychische Krisen meist auch zuerst auf.Für einen Betroffenen ist esinfolgedessen wichtig, dem eigenen Sinn „auf die Spur zu kommen“ und diese in seiner „Gruppe“ gegebenenfallsverständlich vermitteln zu können. Die Unterstützung dieses Prozesses ist ein wichtiges Anliegen der Soziologischen Praxis.
Der soziologische Blick ersetzt in diesem Sinne nicht die ärztliche oder therapeutische Behandlung sondern ergänzt sie mit einer sozialen Einordnung der persönlichen Krise. Die Praxis bedeutet mit ihrer soziologischen Reflexion somit eine praktische und direkte Hilfe. |